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Die Zeitung, ein Modell von gestern
Besuchte man vor Jahren eine Gemeinde­rats-Sitzung in Petershausen, waren prak­tisch immer zwei oder drei Journalisten anwesend. Heute ist meist, wenn über­haupt, nur noch eine Zeitung vertreten. Andere Redak­tionen verlassen sich als Quelle inzwischen auf offizielle Presse­mit­teilungen der Gemeinde, die natürlich nichts von der Lebhaf­tigkeit einer Dis­kussion der Gemeinderäte wiedergeben.

Die verkaufte Auflage der Tageszeitun­gen in Deutschland ist in den letzten 10 Jahren von 20,8 auf 14,7 Mio. Exemplare ge­sunken. 1997 waren es noch 24,6 Mio., das Zeitungs­sterben hat sich also deutlich beschleunigt. Ein wesent­licher Umsatz­träger der Zeitungs­verlage ist neben dem Verkauf der Auflage auch die Werbung. Aber damit sieht es nicht besser aus: Innerhalb von nur 5 Jahren - von 2011 bis 2016 - gingen die Anzeigen- und Beilagen-Umsätze der deutschen Tages­zeitungen von 3557 auf 2530 Mio. Euro zurück (Quelle: Bund deutscher Zeitungs­verleger). Insbe­sondere für Lokal­zeitungen wird eine düstere Zukunft prognostiziert. Die Umsätze schwinden, Journa­listen können immer seltener von ihrer Tätigkeit leben.

Herwig Feichtinger
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Woran liegt es? Haben die Verlage die digitale Revolution und das Inter­net verpennt? Nicht wirklich. Praktisch alle Tages­zeitungen bieten ihre Informationen durchaus auch für PCs, Tablets und Smartphones an. Wenn man die gedruckte Ausgabe schon bezieht, muss man fürs E-Paper allerdings nochmal was drauflegen. Die Digital­ausgabe allein ist immerhin etwas günstiger als die auf Papier. Teilweise wird aber beim Preis zwischen PC und Tablet bzw. Smart­phone unterschieden, was für Leser schwer verständlich ist.

Zwar haben alle Zeitungen längst auch eine kostenlos zugängliche Webseite. Die darauf verfügbaren Informationen sind gegenüber der gedruckten und der kosten­pflichtigen Digital-Ausgabe aber meist deutlich einge­schränkt. Diese kostenlosen Inhalte finanzieren sich gewöhnlich aus Online-Werbung. Die wiederum ist allerdings oft so nervig, dass viele Benutzer längst Adblocker installiert haben, deren Abschaltung die Verlage erbetteln oder sogar technisch erzwingen - mit dem "Erfolg", dass die Seite kaum noch besucht wird.

Ein weiteres Problem für Lokalzeitungen ist das Abwan­dern eines großen Teils der früheren Klein­anzeigen ins Internet. Ob Immobilien, Stellen­anzeigen oder gebrauchte Dinge - das alles findet man mit weit besseren Such- und Vergleichs­möglich­keiten im World Wide Web, meist sogar kostenlos. Tatsächlich hatten viele Leser - etwa zur Wohnungs­suche - die Zeitungen nicht etwa wegen des redak­tionellen Teils gekauft, sondern allein wegen der enthaltenen Anzeigen.

Einige Verlage hoffen, dass die gegen­wärtige Kostenlos-Kultur im Internet irgend­wann zu Ende gehen wird, und probieren neue Bezahlmodelle aus, wie etwa Spiegel-Plus oder andere Paywalls. Alle haben sie eins gemeinsam: Ihr kommerzieller Erfolg müsste um Zehnerpotenzen wachsen, um die Einnahmen aus der gedruckten Auflage auch nur annähernd zu erreichen.

Die Medien-Landschaft wird sich weiter zu ungunsten gedruckten Papiers verändern, und niemand wird das stoppen können. Ich bin allerdings keineswegs sicher, ob ich dann etwas vermissen werde. Der Qualitäts-Journalismus muß andere Kanäle finden.

Von Herwig Feichtinger, 28.07.18


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