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Geheimdienst-Datenhunger
DemoAm Samstag, den 27. Juli 2013, finden in etwa 30 deutschen Städten Demonstrationen unter dem Motto "Stop watching us" statt, um der Politik zu beweisen, dass es den Bürgern nicht egal ist, wenn sie ohne Anlass ausgespäht werden. Ab Petershausen fährt um 10:52 eine S-Bahn S2 zum Marienplatz in München, von dort ist es nur ein Katzensprung zum Startpunkt der Demo an der Königinstraße.

Und darum geht es: Der US-Geheimdienst NSA hat der Bundesregierung in einem Brief ans Bundeskanzleramt inzwischen die Existenz des von Whistleblower Edward Snowden öffentlich gemachten Überwachungs-Programms Prism bestätigt. Zahlreiche US-Konzerne helfen dabei kräftig mit und ermöglichen den Zugriff auf Daten ihrer Nutzer. An Internet-Knoten - auch in Deutschland - werden Monat für Monat Millionen von Verbindungsdaten abgefangen, und zwar ohne jede Rechtsgrundlage, angeblich zur Terrorbekämpfung.

Aber schon im April 2001, ein halbes Jahr vor den Geschehnissen des 11. September 2001, musste die Deutsche Telekom einen Vertrag mit dem FBI unterschreiben, wonach sie alle Kommunikations-Inhalte und Verbindungsdaten des von ihr übernommenen US-Providers Voicestream speichern und den Behörden Zugriff darauf gewähren müsse.

Jetzt berichtet das CBS-Portal CNET, dass NSA und FBI von US-Providern sogar die Herausgabe von https-/SSL-Schlüsseln verlangen. Diese Schlüssel dienen beispielsweise dazu, das Online-Banking sicher zu machen oder um E-Mails zu verschlüsseln. Das relativiert den Nutzen der wohl aus Hilflosigkeit geborenen Empfehlung von Innenminister Hans-Peter Friedrich, die Nutzer sollten doch selber für ihren Datenschutz sorgen und ihre Kommunikation verschlüsseln.

In den USA wird erstaunlicherweise nicht etwa primär darüber diskutiert, ob all diese Abhörmaßnahmen rechtens sind, sondern darüber, wie man des Whistleblowers Edward Snowden habhaft werden kann, der sich nach wie vor im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo aufhält. Ein Antrag im US-Repräsentantenhaus auf Begrenzung der Geheimdienst-Befugnisse scheiterte derweil mit 205 zu 207 Stimmen.

Nach einer Bitkom-Umfrage ist das Vertrauen der Benutzer in die Sicherheit und Vertraulichkeit der Internet-Kommunikation massiv eingebrochen. Beim Web-Surfen fühlen sich inzwischen fast genauso viele von Behörden bedroht (39 %) wie von Kriminellen (42 %). Tatsächlich fühlt man als Internet-Nutzer eine gewisse Ohnmacht und wird vom Staat im Stich gelassen, wenn es darum geht, den in Deutschland und Europa garantierten Datenschutz international sicherzustellen.

Und irgendwie hat man auch den Eindruck, dass erst ein ganz kleiner Teil des Eisbergs sichtbar ist. Wer weiß, was uns in nächster Zeit noch alles scheibchenweise offenbart wird. Wenn ein Staat etwas jahrzehntelang vor seinen eigenen Bürgern geheimhalten muss, macht er ohnehin etwas grundlegend falsch: So etwas gibt es nur in totalitären Staaten, wie George Orwell in "1984" beschreibt; er hatte sich wohl nur im Datum geirrt, denn erst jetzt gibt es die technischen Möglichkeiten der Totalüberwachung mit riesigen Speichern und schneller Schlüsselwort-Suche. Und er ahnte schon mit "Neusprech" die Verdrehung der Bedeutung von Worten: Die bisher als sicher geglaubte SSL-Verschlüsselung wird dank NSA ("National Security Agency") unsicher.

Von Herwig Feichtinger, 25.07.13

Nachtrag: In München betrug die Teilnehmerzahl der Demo trotz der Temperatur von über 30 °C etwa 1000, bundesweit 10000, davon 2000 allein in Berlin.

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