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100 Jahre Kirchenchor St. Laurentius
Ein ganzes Jahrhundert Gesang an allen kirchlichen Festen: Seit 1922 treffen
sich jeden Mittwoch die Chormitglieder, der Orgeldienst und Dirigenten zur Probe
für die festlichen Anlässe. Petershausen war vorher ein Dorf mit 800 Einwohnern
und einer überschaubaren Anzahl an Anwesen und Häusern.
Vereinsgründungen
waren zu dieser Zeit noch relativ neu. Kurz nach dem ersten Weltkrieg hatten
sich bereits ein paar Vereine gebildet, wie Feuerwehr, Männergesangverein,
Gartenbauverein, Krieger- und Soldatenverein, Schützenverein und Burschenverein.
Es waren Vereine für Männer, die sich in den Wirtschaften versammelten.
Es gab in Petershausen bis 1924 eine Großbaustelle mit vielen auswärtigen Arbeitern, die bei den Bauern übernachteten. Die Glonn wurde reguliert, die Brücken gebaut und das Wehr, was als "umwälzender Eingriff in die Natur" bezeichnet wurde. Abgesehen von der fortschreitenden Inflation war es in Petershausen recht beschaulich, das gesellschaftliche Leben spielte sich in den damals fünf Wirtschaften ab.
Die Schule war 1913 neu gebaut, und es gab ab 1910 eine Kinderbewahranstalt, die von den Niederbronner Schwestern geführt wurde - damals eine soziale Errungenschaft, die von den Dorfbewohnern sehr geschätzt wurde.
1922: Der Kirchenchor wird gegründet
Der Kirchenchor war die erste Möglichkeit für Frauen, sich am gesellschaftlichen
Leben zu beteiligen. In der Zeit war es ungewöhnlich, dass Frauen am Abend
allein weggingen. Vielleicht lag es ja an den Niederbronner Klosterschwestern,
die seit 1910 im Benefiziatenhaus wohnten und sich am Chor beteiligten.
Die Proben fanden im Erdgeschoß dieses neu erbauten Gebäudes statt, der so genannten "Kinderbewahranstalt". Darüber waren die Wohnräume der Schwestern. Der Organist, Oberlehrer Max Spann, gründete den Kirchenchor mit damals etwa 15 Mitgliedern. Einige Jahre später kam auch der pensionierte Lehrer Roman Niedermeier dazu. Ab 1935 übernahmen die Niederbronner Schwestern die Orgelstelle bis 1963. Bereits an Ostern 1930 konnte die Messe Opus 172 B in As-Dur von Josef Rheinberger aufgeführt werden, was in einem Zeitungsbericht der Pfarrchronik zu lesen ist.
Nach Pfarrer Dr. phil. Franz v. Paul Zauner übernahm geistlicher Rat Rudolf Filchner die Stelle als Pfarrer von Petershausen. Er war ein großer Gönner des Chores und bevorzugte lateinische Messen, die fast jeden Sonntag gesungen wurden. Das "Amt" jeden Sonntag um 9 Uhr dauerte lange, was nicht allen gut gefiel. Ein späteres Kirchenchormitglied dazu: "Mei, war des langweilig für uns Kinder!"
Die Zeit des 2. Weltkriegs
In den Kriegszeiten blieb der Kirchenchor bestehen. Er wurde nicht wie viele
andere Vereine in der NS-Zeit aufgelöst. Einige der männlichen Mitglieder waren
an der Front, der Chor bestand vor allem aus Frauen. Bereits in den ersten
Monaten sind junge Männer im 2. Weltkrieg gefallen, was sich bis zum Kriegsende
immer mehr häufte. Das Requiem zu den Beerdigungen sang der Chor in der
Besetzung, die möglich war, mit Frauen und ein bis zwei Männern.
Nach 1945 kamen sehr bald wieder Kriegsheimkehrer hinzu und Mädchen, die nach ihrem Schulabschluss in ihrer Freizeit den Chor verstärkten, ebenso Neuzugezogene wie Lizzy Westermair, die heute noch Mitglied ist. Petershausen hat nach dem 2. Weltkrieg viele Einwohner durch Evakuierte, Flüchtlinge und Heimatvertriebene dazubekommen. 1949 wohnen 1400 Personen in Petershausen.
Kulturelles Leben kehrt zurück
Sehr schnell nach dem Krieg lebte das gesellschaftliche Leben in Petershausen
wieder auf. Die Vereine gründeten sich wieder, und es gab ein paar Jahre später
große Veranstaltungen. Darunter waren auch große kirchliche Ereignisse wie die
Einweihung des Friedenskreuzes in Sollern 1947 und die Glockenweihe 1949, die
der Kirchenchor musikalisch gestaltete, oft zusammen mit der Blaskapelle
Petershausen. Das erste Konzert fand am Cäcilien-Tag 1951 statt mit dem Titel
"Musik aus drei Jahrhunderten". Der 1950 wieder neu gegründete
Männergesangverein beteiligte sich daran.
Im Jahr
1963 wurden die Niederbronner Schwestern abgezogen, was im Ort sehr bedauert
wurde. Die Organistenstelle und den Kirchenchor übernahm der Hauptlehrer Rudi
Neukirch, der nach dem Krieg nach Petershausen kam. Im selben Jahr verließ
Pfarrer Filchner Petershausen und Pfarrer Karl Mayer tritt seinen Dienst in
Petershausen an. Die Proben wurden in der Zeit im Schulhaus abgehalten, das 1954
angebaut wurde und in der Neukirch nicht nur seinen Arbeitsplatz sondern auch
seine Wohnung hatte. [Bild vom 08.07.1956, von links: Hildegard Rabl, Maria
Wallner, Veronika Amorth, Maria Oberauer, Marlis Milek, Geistl. Rat Rudolf
Filchner, Kathi Schmid, Kathi Schuster.]
Der Kirchenmusiker Konrad Geisenhofer, der auch den Männergesangverein leitete, hatte als Organist 1983 begonnen und den Kirchenchor übernommen. Es war für die Sängerinnen und Sänger eine sehr intensive Zeit mit immer wieder neuer, recht anspruchsvoller Musikliteratur. In der Zeit fanden die Proben in der ehemaligen Wirtsstube im Pertrichhof statt. Das Gebäude wurde vorübergehend, bis zur Fertigstellung des Pfarrheims St. Laurentius, wie ein kleines Bürgerhaus von der Gemeinde genutzt.
Es gab in den folgenden Jahrzehnten viele kirchliche Jubiläen und Festtage, an denen der Kirchenchor die Gestaltung übernahm. Gerne erinnern sich die Mitglieder an große Feiern in der Gemeinde, die durch die gesamten Chöre mit Instrumentalbegleitung gestaltet wurden.
Große musikalische Ereignisse
Ein sehr große Aufführung war die Schulhauseinweihung 1983 mit einem Projektchor
und Kammerorchester. Es kamen das "Halleluja" von Händel und "Die Himmel
erzählen" von Johann Sebastian Bach zur Aufführung. Es sangen sämtliche Chöre
als gemischter Chor mit Bläsern und Orchester Werke aus der Schöpfung von Haydn.
Ostern 1997 wird die Missa brevis (kurze Messe) in D-Dur mit dem Kammerorchester
vom Chor gesungen. Groß gefeiert wurde 1997 auch "850 Jahre Pfarrei
Petershausen".
Die Vorstellung der Chronik in der Mehrzweckhalle umrahmte ein Gemeinschaftschor aus Männergesangverein, Frauenchor, Gemischten Chor und dem Kirchenchor, begleitet vom Kammerorchester Petershausen und der Bläsergruppe. Aufgeführt wurden "Amor im Nachen" von Giovanni Gastoldi und "Seht die Herrlichkeit Gottes" von Georg Friedrich Händel. Mit der Krönungsmesse von Mozart feiert der Kirchenchor sein 80-jähriges Bestehen mit Kammerorchester und Solisten am Tag der Cäcilie 2002. Anschließen gab es einen Stehempfang im Pfarrheim für die Gemeinde.
Pfarrheim als fester Probenort
Pfarrer Alfred Vierthaler übernimmt 1979 die Stelle als Pfarrer. Er veränderte
einiges im kirchlichen, aber auch im gesellschaftlichen Leben von Petershausen.
Den Bau des Pfarrheimes nahm er sofort in Angriff, 1984 war es fertig gestellt.
Nicht nur der Kirchenchor hatte jetzt einen festen Raum bekommen: Von da an
legten die Mitglieder immer mehr Wert auf die Chorgemeinschaft und gesellige,
gemeinsame Erlebnisse. Es wurden Ausflüge organisiert, Neujahrsessen und
Sommerabschluss abgehalten und Geburtstage miteinander gefeiert.
1999 gab Konrad Geisenhofer aus gesundheitlichen Gründen die Organistenstelle auf. Maria Schließer übernahm die Stelle. Sie war bereits seit 1975 Mitglied im Kirchenchor und unterstützte den Chorleiter schon seit einigen Jahren.
Der Chor im 21. Jahrhundert
Dekan Peter Dietz ist seit 2010 Pfarrer in Petershausen. Er leitet den
Pfarrverband Petershausen-Vierkirchen-Weichs und ist damit auch der Pfarrer des
Kirchenchores St. Laurentius. Mit Pfarrer Dietz und dem damaligen evangelischen
Pfarrer Peter Dölfel wurde in einem Eröffnungsgottesdienst die Ausstellung
"Kriegsende und Nachkriegszeit" in der Grundschule am 28. April 2013 mit
Beteiligung des Kirchenchores eröffnet.
Mit einem
großen Festgottesdienst für die Pfarreien Petershausen, Vierkirchen und Weichs
wurde 2014 der Pfarrverband gegründet. Ein Gemeinschaftschor aus dem Kirchenchor
Petershausen und dem Kirchenchor Weichs übernahm die musikalische Gestaltung.
Der ökumenische Gottesdienst zum 50-jährigen Jubiläum der Partnerschaft mit Varennes 2018 wurde musikalisch durch die Pfarrei unter Leitung von Anna Winkler-Nam gestaltet. Sie ist seit 2013 als Organistin bei der Pfarrei angestellt und leitet inzwischen mehrere Chöre in Petershausen.
Ein totaler Stillstand des Kirchenchores war bis zur Corona-Pandemie 2020 noch nie da. Es konnten weder Proben abgehalten noch eine musikalische Gestaltung stattfinden. Teilweise waren bis zu 4 Sängerinnen an Festtagen und Beerdigungen zugelassen.
100-jähriges Jubiläum
Für die Mitglieder war es ein besonderer Tag, als im Juli 2022 die Proben wieder
aufgenommen werden konnten. Einige Monate später, am 19. November, feierte die
Pfarrei das 100jährige Bestehen des Kirchenchores, musikalisch gestaltet durch
den Chor unter der Leitung von Maria Schließer und der Pianistin Anna
Winkler-Nam an der Orgel. Zu einer Feier mit Abendessen haben Pfarrer Dietz und
die Pfarrgemeinderats-Vorsitzende Hedwig Amon eingeladen. Sehr interessant war
ein Rückblick in die vergangenen Jahrzehnte mit den vielen Ereignissen und
Bildern davon.
100 Jahre Kirchenchor - das sind Tausende von Stunden Singen in Petershausen. Es bedeutet viele schöne Erinnerungen und Erlebnisse für den Chor, die Kirchenbesucher und die Gemeinde.
Von Lydia Thiel, 28.11.22
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