Petershausen

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Straßennamen können viel aussagen und bergen Informationen über den Ort aus Vergangenheit und Gegenwart. Das Wissen darüber kann Menschen helfen, sich an einem Ort heimisch zu fühlen und vielleicht sogar, sich mit Engagement in verschiedenen Bereichen einzubinden.

Auf dieser Seite:

Bürgermeister in Straßennamen

Schulen in Petershausen

Der erste Kindergarten

Die Ziegeleien in Petershausen

Pertrichhof und Wasenhof

Weiler und Gehöfte

Der Fraunhofer-Ring

Die Jahnstraße

Der Ludwig-Thoma-Weg

In der gründlich recherchierten Chronik von Petershausen, die unter Federführung von Elisabeth Mecking und Lydia Thiel abgefasst und im Jahr 2000 veröffentlicht wurde, ist sehr viel zu finden, was auch Straßennamen erklärt und die Geschichte bestimmter Einrichtungen erläutert. Allerdings hat man nicht immer gleich das schwere, 4-bändige Werk zur Hand, wenn man mal schnell was wissen will - z.B. wer Dr. Hörmann war oder welcher Kottmair der Straße seinen Namen geben durfte.

Die Agenda-21-Gruppe hatte einen Antrag an den Gemeinderat gestellt, bei bestimmten Straßenschildern Zusatztafeln anzubringen, die die Hintergründe der Namen erklären. Der Antrag wurde am 17.02.22 mit großer Mehrheit abgelehnt, u.a. mit der Begründung, dass solche Tafeln nicht groß genug seien, um auch nur die wichtigsten Hintergründe zu erklären, online könne man so etwas viel besser machen. Deshalb wurde hier der Ortsplan ergänzt: Wenn man dort bei "Straßen" oder "Gebäude" einen Namen anklickt, erhält man nicht nur den Hinweis auf die genaue Örtlichkeit, sondern es geht zusätzlich ein Fenster mit einigen Erklärungen über den Namen auf - wenn vorher bei "Beschreibungstexte einblenden" der Haken nicht entfernt wurde.

Sowohl diese Erklärungen als auch die unten zu lesenden Geschichten aus und über Petershausen sind von Christa Jürgensonn recherchiert und verfasst.

Bürgermeister in Straßennamen

Lediglich zwei frühere Bürgermeister Petershausens haben es bisher zu einem Straßennamen gebracht: Ludwig Götz und Rudolf Rädler.

Ab 1952 war der Betriebsleiter der Elektrofirma Lehle, Rudolf Rädler (*1896 †1977), frei gewählter und dreimal wiedergewählter Bürgermeister des Ortes. Bereits 1937 war er gegen seinen Willen und gegen den der sogenannten Ratsherren, also des Gemeinderates, von der "Kreisleitung" eingesetzt worden, und zwar mit der Begründung, dass die vielen neuen Tätigkeiten eines Ortsvorstandes nicht länger von einem Bauern nebenberuflich bewältigt werden könnten.

In der Chronik (Mecking, Thiel, 2000) ist festgehalten, dass sich Petershausen mit Bürgermeister Rädler in der Nazizeit zunächst gegen die angeordnete Auflösung der Bekenntnisschule und Einführung der nicht-konfessionellen sogenannten Gemeinschaftsschule wehren konnte - in Petershausen wünschte man keine parteikonforme Schulerziehung. Bei Kriegsende konnte Rädler den "Volkssturm" verhindern und mit anderen Mutigen dazu beitragen, dass Brücken und Bahngleise nicht gesprengt wurden, um den "Feind aufzuhalten". Mit seinem aufrichtigen Verhalten konnte er bei der Bevölkerung dermaßen punkten, dass er 1952 wieder ins Bürgermeisteramt gewählt wurde und bis zu seinem Tod im Dezember 1977 erfolgreich die Geschicke Petershausens lenkte. Zweiter Bürgermeister Ludwig Götz übernahm dann die Geschäfte bis zur Wahl im darauffolgenden März, kandidierte (für die CSU) selbst als Erster und gewann.

L.-Götz-Weg
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Nach Ludwig Götz (*1933 †2002) wurde der heutige Fuß- und Radweg zwischen Indersdorfer Str. und Westring unter den Bahngleisen durch auch deswegen benannt, weil in seine Zeit als Bürgermeister der Ausbau der ICE-Bahnstrecke fiel. Der Gründer der hiesigen Apotheke war 1978 zum 1. Bürgermeister gewählt worden - bis 1996 übrigens eine nebenberufliche Tätigkeit. Ehrenamtliches Engagement, z.B. die Jugendarbeit mit den Gästen der französischen Partnergemeinde Varennes-en-Argonne, unterstützte er großzügig und unbürokratisch finanziell, woran sich so mancher Aktive noch heute dankbar erinnert.

Wesentlich höhere Geldbeträge waren jedoch für den Bahnausbau fällig. Damit die Staatsstraße Richtung Indersdorf eine Gleisunterführung bekommen konnte, mussten auch zahlreiche Leitungen und Rohre verlegt werden, was die Gemeinde viel Geld kostete. Genauso wurde unsere Kommune für die Verbreiterung der Straßenunterführung zum heutigen P+R-Platz nahe Obermarbach zur Kasse gebeten, da schon damals eine Umgehung Richtung Jetzendorf geplant war, die bis heute nicht verwirklicht ist.

Da unter Bürgermeister Götz auch der Schulneu- und Erweiterungsbau fiel (Fertigstellung 1982 und 1997) sowie das Klärwerk am Heimweg (2002), musste die Gemeinde viele Schulden aufnehmen. Nach einer hohen Rechnungsstellung der Bahn wegen Verlegung von Wasser-/Abwasserleitungen zum Ende seiner Amtszeit aber drohte tatsächlich die Zahlungsunfähigkeit und Finanzaufsicht durch das Landratsamt.

Eine schwere, aber für sie lösbare Bürde nahm damit seine Nachfolgerin Elisabeth Kraus auf sich, die nicht nur durch Sparmaßnahmen zu beheben war. Ein wichtiger Schritt war die Ausgliederung der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung in einen Eigenbetrieb, der übersichtlich und direkt Kosten und Nutzungsgebühren gegenüberstellte. Elli Kraus war die erste Frau in diesem Amt und erstmals jemand aus der neu gegründeten Wählergemeinschaft Freie Wähler. Sie hatte im März 2002 die Stichwahl gegen den CSU-Kandidaten Manfred Seemüller gewonnen. Bürgermeister Ludwig Götz starb wenige Wochen vor Ende seiner Amtszeit nach längerer Krankheit, so dass der langjährige 2. Bürgermeister Wolfgang Stadler (SPD) einige Wochen als "Erster" fungierte und die neue Bürgermeisterin in ihr Amt erhob. Da sie nur sechs Jahre wirken durfte, wird Petershausen wohl noch länger ohne Straße mit weiblichem Namen bleiben, hätte es doch mit einer länger dauernden Besetzung des Bürgermeisteramtes mit einer Frau eine gute Chance dazu gegeben.

Der nächste Wahlsieger Günter Fuchs (CSU) konnte auch nur sechs Jahre lang Petershausens Bürgermeister bleiben (2008 - 2014), so dass auch er nicht die kurze Liste der "Bürgermeister im Straßennamen" verlängern wird. Warten wir ab, wie es weitergeht!

Schulen in Petershausen

Nur in den beiden größten Ortsteilen unserer heutigen Gemeinde gab es Schulgebäude, nämlich in Kollbach und Petershausen. Alle anderen Kinder mussten teilweise weit laufen: Die Kinder aus Asbach, Glonnbercha, Giebing, Höckhof, Kammerberg, Mühldorf, Piflitz und Weißling gingen mit den Kollbachern dort. Und nach Petershausen gingen die aus Ziegelberg, Lindach, Sollern und Obermarbach. Die Kinder aus Mittermarbach gingen früher nach Hohenkammer, zu deren Pfarrgemeinde sie auch gehörten - und die aus Oberhausen nach Steinkirchen/Reichertshausen, wohin sie auch heute noch gehen, nachdem die Eltern einen entsprechenden Antrag gestellt haben.

Schule Kollbach
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In Kollbach wurde als erste Schule das spätere Hüthaus genutzt, ein Holzschuppen mit einem Klassenraum als Teil der Lehrerwohnung an der Einmündung der Straße nach Weißling - da, wo später das Feuerwehrgerätehaus gebaut wurde, in dem sich heute das Haus der Kollbacher Vereine befindet. Wo sich später das Gasthaus Birnbaum befand, Dachauer Str. 39, wurde 1822 ein neues Schulhaus aus Ziegeln gebaut. Nachdem dies zu klein wurde, errichtete man 1878 an der Schulstr. 9 ein Gebäude mit Wohnung für den Lehrer und einer Stallung, damit er sich mit eigener Tierhaltung sein Gehalt aufbessern konnte. Nach dem letzten Umbau 1889 fanden sich im EG die Wohnung und im OG 2 Klassenräume. Bis 1975 wurde in Kollbach unterrichtet, danach gingen alle nach Petershausen.

Schule Petershausen
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Der Schulbau in Petershausen begann bereits lange vor der allgemeinen Schulpflicht. 1751 kaufte Pfarrer Dr. Johann Michael Hörmann (*1682 +1763) aus eigenen Mitteln ein leerstehendes Anwesen gegenüber dem Pfarrhof, um ein Schulgebäude errichten zu lassen, weil er der sittlichen Verrohung der Jugend entgegenwirken wollte. Nach Einführung der allgemeinen Schulpflicht wurde 1804 die Pfarrschule in eine staatliche umgewandelt. Nachdem das Gebäude zu klein und außerdem der bauliche Zustand immer mehr zu wünschen übrigließ, wurde 1913 in der Nähe auf einer Obstwiese, die der Pfarrer bereits früher der Schule zur Eigenversorgung des Lehrers geschenkt hatte, ein inzwischen denkmalgeschützter Neubau errichtet. Das Anwesen Kirchstr. 18 wurde versteigert und bald darauf konnte man dort beim "Kramer-Bauer" einkaufen. 1954 kam der Anbau in der Bürgermeister Rädler Str. 3 hinzu. Seit ca. 1983 wird die ehemalige Schule als Rathaus genutzt.

Nach 1964 waren die bayrischen Volksschulen in 4-klassige Grundschulen umgewandelt worden. Die Hauptschule kam zum großen Bedauern aller Hiesigen nach Markt Indersdorf. Nun mussten die Kinder ab dem 11. Lebensjahr dorthin, wenn sie nicht eine andere weiterführende Schule außerhalb der Gemeinde besuchten.

Trotzdem machten die höheren Anforderungen an die Grundschule und gestiegene Schülerzahlen einen Neubau mit Mehrzweckhalle erforderlich, der 1982 bezogen werden konnte. Ein Schulerweiterungsbau und die "neue Aula" kam nach 1997 dazu. Damit war der gesamte ehemalige Pfarrgarten mit Obstwiesen überbaut. 2021 war die bisher letzte Erweiterung fertig, um der 4-klassigen Grundschule mit gebundenem Ganztag und Mittagsbetreuung sowie dem Instrumentalunterricht des Musikzentrums und einigen VHS-Kursen den benötigten Platz zu gewähren.

Der erste Kindergarten

"Der Sandkasten war ganz hinten am Zaun zum Friedl", erzählte die mittlerweile verrentete, gebürtige Petershausenerin. Sie war noch im Kindergarten bei den Schwestern im "Benefiziatenhaus", so wie alle anderen nur halbtags, zu Erntezeiten auch länger. An die Enge und große Kinderzahl kann sie sich nicht erinnern, aber an das Spiel im großen Obstgarten und v.a. im Sandkasten. Vielleicht wurde sie deshalb später im Bauamt in einer unserer Nachbargemeinden für viele Jahre tätig.

Kottmairstr.
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Ein Domgeistlicher aus München, Benefiziat Lorenz Kottmair, geboren 1827 am Kreithof zu Sollern, beerdigt 1912 auf dem Kirchenfriedhof Petershausen, hatte die sogenannte Kinderbewahranstalt an dieser Stelle ermöglicht, indem er 1909 einen Neubau finanzierte, der zu diesem Zweck auf einem großen Grundstück in der Nähe der Kirche erstellt werden sollte, das von der Pfarrpfründe Petershausen dafür unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden war. Die Bauleitung erhielt der damalige Pfarrer Max Schmid, der dann auch dafür sorgte, dass die in Kinderbetreuung erfahrenen Niederbronner Schwestern 1910 mit der Leitung betraut wurden, was bis 1962 so blieb.

Lorenz Kottmair stiftete außerdem einen Betrag von 1000 Mark, dessen Zins zum Unterhalt der Schwestern dienen sollte. Die Schlafzimmer für die jeweils drei Schwestern befanden sich in der Etage oberhalb des "Kindersaales". Die hoch angesehenen Schwestern waren zusätzlich für Schulspeisung, Chorleitung, Handarbeitsunterricht, ambulante Alten- und Krankenpflege und vieles andere zuständig und deshalb oft im Ort unterwegs. Der gewundene Fußweg zwischen Kirchstr. 7 und 5 zur Münchner Str. hieß lange das "Schwesternwegerl".

Benefiziaten-Haus
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Ganz im ursprünglichen Sinn hat heute das Zentrum für Familien Rundum e.V. mit Hebammenpraxis dort sein Büro und Räumlichkeiten für viele Kurse für Schwangere und junge Mütter, aber auch für Familienfeiern und Vereine mit sozialen Zielsetzungen. Während die früheren Hebammen Maria Moosreiner in ihren Räumen in der heutigen Ludwig-Thoma-Str. bis nach 1950 und Henriette Seeleitner in der Blumenstr. 12 bis 1963 auch Gebärzimmer bereitstellten, wo auch die anfangs genannte Erzählerin 1956 zur Welt kam, wurden und werden im Benefiziatenhaus keine Kinder mehr zur Welt gebracht.

Der Kindergarten St. Laurentius kam später unter die Trägerschaft vom Franziskuswerk Schönbrunn mit seinem Flachgebäude in der Moosfeldstr., das schon seit längerer Zeit nicht mehr den heutigen Ansprüchen gerecht wurde. Am lange geplanten, nun großzügigen und in vieler Hinsicht nachhaltigen Neubau in der Mitterfeldstr. wurde Anfang Juli 2022 Richtfest gefeiert.

Nachdem das Franziskuswerk Schönbrunn die Trägerschaft des Kindergartens St. Laurentius abgeben wollte, übernahm sie die Kommune. Mit dem Umzug im Sommer 2023 in den Neubau am Mitterfeld ist er nun unter gleicher Leitung und mit unveränderter Personalausstattung und pädagogischen Ausrichtung ein großer Gemeindekindergarten geworden. Neben diesem Kindergarten gibt es in unserer Gemeinde inzwischen noch vier andere öffentliche Betreuungseinrichtungen.

Die Ziegeleien in Petershausen

Ziegelei 1
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1582 erstmals erwähnt wurde die Ziegelei in "Zieglberg", wie es sich damals schrieb. Der Zieglerweg erinnert daran. Der Betrieb war von den Herren von Furtenbach aufgenommen worden, gleichzeitig mit dem Bau von 10 kleinen Häusern für die Arbeiter, Dies wurde 1606 wie folgt dokumentiert: " … vor etlichen Jahren einen Ziegelstadel und daneben 10 Söldenhäusel …". Über mehr als 200 Jahre florierte der Betrieb und wurde ausgebaut - bis es zu Familienstreitigkeiten kam, sogar mit Todesfolge. 1887 wurde die Produktion endgültig eingestellt, 1912 alles abgerissen und ein Bauernhaus gebaut.

Als 1865 mit dem Baubeginn der Bahnstrecke über Petershausen der Bedarf an hochwertigem Baumaterial für Bahnhöfe, -Übergänge oder -Brücken enorm zunahm, konnte am Höckhof eine Ziegelbrennerei mit Trockenstadel errichtet und bis ca. 1906 betrieben werden. Für die Arbeiter wurden kleine Wohnhäuser am heutigen Wendelsteinweg errichtet, bergaufwärts rechts, die erste Bebauung Über der Glonn.

Ziegelei 2
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Erst 1906 wurde an der Ziegeleistr. der letzte und größte Betrieb aufgebaut, wieder mit Wohnmöglichkeiten für die Beschäftigten, übrigens vorwiegend Fachpersonal aus Italien. Bei einem der letzten Bombenangriffe im April 1945 brannte die gesamte Holzhalle ab, heute An der alten Ziegelei, wo seit 2020 ein Neubaugebiet steht. Schon bald nach Kriegsende wurde ein Notbetrieb aufgenommen. 1948 errichtete man eine steinerne Halle, in der ab 1949 mit enorm vergrößerter Kapazität produziert wurde. Der Betrieb wurde erst 1980 stillgelegt, das Gebäude zerfällt seitdem.

Pertrichhof und Wasenhof

Der "Pertricheshof" und der Ort "Auf’m Wasen" sind die beiden Begriffe, die von der ersten Beurkundung Petershausens nicht zu trennen sind. Durch Ausgrabungen weiß man, dass es in unserer Gegend allerdings schon lange Leben gab, bevor die Orte namentlich belegt waren, was bis ins 19. Jahrhundert oft nur durch Taufregister der Pfarrei und beglaubigte Grundstücks­übereignungen möglich war.

Als erstes belegt ist 1123/1130 ein Burgstall beim Wasen als wahrscheinliche Wasserburg innerhalb feuchter Wiesen auf einer Befestigung oder "Insel", wie es in der Chronik Bd. 1, S. 31 (Mecking, Thiel, 2000) und der Häuserchronik, Bd. 2, S.225, nachzulesen ist. Die Stelle kann man noch heute nach fast 1000 Jahren auf Luftbildern anhand vom Bewuchs auf Wiesen und Feldern sehen. Sie befand sich nahe der Glonn in etwa da, wo heute der Flurweg zum heutigen Wasenhof vom Flurweg zwischen Feuerwehrneubau und Asbacher Glonnbrücke abzweigt. Wahrscheinlich nutzte der Wasenhof als Pendant zum Steinberg auf Kollbacher Seite dem Schutz des Glonntales.

Festgehalten ist der Burgstall 1183/1190 als eine von Wittelsbacher Ministerialen des Herzogs bewohnte Festung, zugehörig der Hofmark Eisenhofen und damit sowohl mit deren Geschichte als auch der von Scheyern eng verbunden. Nach Herzog Ludwig dem Kelheimer, unter dem 1208/1209 in Erfüllung der Reichsacht gegen seinen Verwandten Pfalzgraf Otto von Wittelsbach auch die Stammburg der Wittelsbacher geschleift wurde, kommen die Dienstmannen von Scheyern-Wasen nicht mehr vor. Aber das Lehensgut beim Wasen bestand weiter. Mitte des 13. Jahrhunderts kam es zusammen mit seinem Fischwasser, zwei Wäldern und dem nahgelegenen Ziegelberg zu den "Camern" - also Hohenkammer - und 1622 durch Lehensbrief von Herzog Maximilian I. zum Hochstift Freising. 1708 wurde Ziegelberg abgetrennt und jedes dortige Anwesen erhielt 1 ½ Juchart/Morgen Acker.

Erst nach einem alles vernichtenden Brand am 11.08.1829 entstanden die Neubauten des inzwischen nur noch landwirtschaftlichen Betriebes nahe der Straße nach Weichs und Indersdorf. Durch Einheirat von Josef Kreitmair 1895 und späteren Erwerb durch seinen Bruder Leonhard Kreitmair konnte der Hof von dessen Nachkommen bis heute erhalten bleiben, seit Herbst 2021 auch mit Direktvermarktung der eigenen landwirtschaftlichen Produkte.

Höckhof
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Die Tafern-Wirtschaft zu Petershausen, der "Alte Wirt", der erst Mitte der 1970er Jahre Pertrichhof genannt wurde, gehörte Anfang des 12. Jahrhunderts zum Wasenhof und kam genau wie jener um 1123 in den Besitz der Scheyren-Wittelsbacher Grafen, worauf noch heute das Scheyrer Kreuz auf dem Dachgiebel zur Bahnhofstraße hinweist. Direkt an der Kreuzung uralter Handelswege gelegen hatte er verkehrstechnische Bedeutung und großes Potential für die Entwicklung des gesamten Ortes. Um 1500 hatte "Pertriches Husn" (also die Häuser um die Taferne vom Pertrich) bereits 40 Anwesen mit unterschiedlichsten Handwerken und jeweils einer Landwirtschaft zur Selbstversorgung. Zum Pertrichhof gehörte auch einiger landwirtschaftlicher Grund und ein Fisch- und Eiswasser, sowie das Recht, Brückenzoll zu erheben.

Der heute noch bestehende Bau mit den markanten Fassaden wurde ca. 1700 errichtet. Das Anwesen wurde am 17.10.1807 von Peter Paul Ostermayr übernommen und über Generationen weitervererbt. Anfang der 1970er Jahre wurde er von Josef und Kreszenz Rauch, geb. Ostermair, an ihren Sohn Ferdinand Rauch übergeben.

Im Laufe der letzten 150 Jahre waren immer wieder bauliche Veränderungen vorgenommen worden und ein Eiskeller, verschiedene Stallungen, Stadel und Remisen gebaut und wieder umgebaut und ab 1903 ein Schlachthaus mit einer Metzgerei eingerichtet. Das Ladengeschäft befand sich zunächst im Eingangsbereich zur Wirtschaft (Hofseite) und ab 1960, dunkelblau gekachelt, auf der Seite zur Bahnhofstraße hin. Der letzte Betreiber übernahm Anfang 1983 die neue Fleischabteilung im vergrößerten Lebensmittelgeschäft, dem "Glonntal Center", heute Münchner Str. 5. In den alten Laden kam ein Obst- und Gemüsehandel, aber nur bis 1984, weil da bereits große Umbauarbeiten auf dem gesamten Rauch-Anwesen begannen. Das Geschäft musste fast zwei Jahre in eine extra aufgestellte Holzhütte - heute Münchner Str. 4 - ziehen und konnte nach Fertigstellung des Neubaus Bahnhofstr. 2 in den Laden, wo heute die Gemeindebücherei wirkt. 1995 gab die junge Betreiberin den erfolgreichen Handel nur deshalb auf, weil sie zum ersten Mal schwanger wurde und sich lieber ganz um die Familie kümmern wollte.

Der Neubau Bahnhofstr. 2 und 4 war erstellt worden, nachdem der dortige Altbau mit Schlachthaus im Erdgeschoss abgerissen worden war. Im Obergeschoss war 1920 anstelle dem ehemaligen Stadel ein großer Festsaal mit Bühne eingebaut worden, entsprechend dem Namen der Wirtsfamilie, die fast 50 Jahre über 3 Generationen hinweg Pächter des gesamten Anwesens war, Bauer-Saal genannt.

Pertrichhof 1978
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Erreichbar war der Saal über eine Außentreppe vom Hof aus, wie auf einem alten Bild gut sichtbar. In diesem Saal wurden über Jahrzehnte hinweg nicht nur rauschende Bälle, Faschingsfeste und große Hochzeiten gefeiert, sondern es wurde auch den Schulkindern Turnunterricht erteilt. Lange Hosen waren da auch im Sommer Pflicht, damit sich die Kinder nicht immer wieder mit Holzsplittern verletzten. Außerdem gab es hier regelmäßig Tischtennis- und Ballettkurse sowie Theaterproben und alle möglichen Aufführungen und zweimal jährlich einen Kinder-Altkleidermarkt der Nachbarschaftshilfe - bis dieses Gebäude abgerissen wurde. Im dort erstellten Neubau gab es dann bereits seit 1987 die Eisdiele und Arztpraxen sowie Wohnungen. Der Blumenladen kam etwas später dazu und zu guter Letzt 2016 die Gemeindebücherei. Eine Leihbücherei gab es tatsächlich auch schon vorher, und zwar zwischen 1975 und 1979 in einem Raum im 1. Stock über der Gaststätte, nahe des Übergangs zum Saal.

Die alte Tafernwirtschaft hätte grundlegend renoviert werden müssen, entsprach auch nicht mehr hygienischen und Sicherheitsanforderungen und so wurde sie 1976 geschlossen (Mecking, Thiel - Chronik Bd. 1, S. 151) Der Eigentümer entschied sich für die Verlegung in einen ebenerdigen Bau auf Höhe Münchner Str. 3, "Pertrichstub’n" genannt. Hier gab es über längere Zeit auch gern angenommenes gehobenes Gastronomieangebot im Erdgeschoss, mit Toiletten und später auch einen Billardtisch im Keller. 1986 musste auch dieser Betrieb der nochmal zu vergrößernden Ladenfläche für das "Glonni", dem Lebensmittelhandel Glonntal-Center, weichen.

Die Einrichtung der Gaststuben mit Tischen, Stühlen und Bänken kam 1988 auf Initiative des Verpächters im neu gebauten Sportheim vom SV Petershausen einer weiteren Nutzung zugute, bis heute. Auch die Küchenabzugs-Anlage wurde umgezogen und funktioniert in der Sportgaststätte Olympia noch Anfang 2023 mehr oder weniger gut.

Der stattliche Altbau konnte erhalten bleiben und als Zwischennutzung mehrere Jahre als eine Art Bürgerhaus dienen. Nach jahrelangem Umbau durch die Sparkasse mit Entkernung des Gebäudes wurden im Dachgeschoss Wohnungen eingebaut und im Herbst 1989 die Filiale in das Erdgeschoss umgezogen (S. 65 und ab S. 74, Bd. 2 Häuserchronik). Die Geld-Automaten der Sparkasse stehen heute ungefähr da, wo lange Zeit im Vorraum der Tafern-Wirtschaft ein Spielautomat Alt und Jung Spaß am Geldausgeben verschaffen konnte. Mitte der 1990er Jahre wurde der gesamte Immobilienbesitz Rauch der Sparkasse Dachau übereignet.

Pertrichhof 1978
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Davor hatte seit Mitte der 70er Jahre der Pertrichhof nicht mehr den Anforderungen der Zeit entsprochen und eine Anpassung durch Renovierung war nicht in Frage gekommen, weshalb die Tafern-Wirtschaft geschlossen wurde. Das Gebäude wurde zwischen 1978 und 1984 von der Gemeinde als eine Art Bürgerhaus verwendet.

Die ehemalige Wirtsstube gleich links hinter dem Hauseingang war noch mit dem fast schwarzen Holz getäfelt, genauso dunkel der Dielenboden. Auch die ehemaligen Wirtshaustische und -Stühle waren geblieben. Die Räumlichkeiten dienten nun verschiedenen Vereinen und Organisationen.

Die neu gegründete Krabbelgruppe der Nachbarschaftshilfe erhielt mit Beschluss des Gemeinderates im November 1979 die Erlaubnis, im ehemaligen großen Gastraum zwischen 8 und 12:30 Uhr mithilfe zweier Ehrenamtlicher Kinder von Müttern zu betreuen, die dann mal Zeit für sich hatten oder auch arbeiten gehen konnten. Um die (zeitweise bis zu 30) Kinder nicht zu gefährden, wurden die Wirtshausmöbel vor den gusseisernen, vom Hausmeister frühmorgens geheizten Bollerofen so drapiert, dass ihm niemand zu nahe kam und sich verletzen konnte. Außerdem wurden immer Teppiche ausgelegt, sodass auch auf dem Boden gut und gefährdungsfrei gespielt werden konnte.

Bis zur Fertigstellung des katholischen Pfarrzentrums 1984 probte auch der Kirchenchor in der Gaststube. Die Musikschule bezog nach ihrer Gründung 1979 im 1. Stock des Pertrichhofes drei Räume, der im selben Jahr mit gleich 20 Kindern gegründete Spielmannszug übte in der Gaststube unten. Veranstaltungen und Vorspiele fanden im Saal statt. (siehe Mecking, Thiel, Chronik Band 1, S. 230 und Webseite vom Kulturförderkreis Petershausen).

Im Nebenzimmer gab es verschiedene Volkshochschulkurse, vor allem auch Französisch-Unterricht, was der Vertiefung der Beziehungen zwischen Petershausener und Varenner Jugendlichen zugutekam und damit der 1968 gegründeten Partnerschaft zwischen beiden Gemeinden. Abends probten in der ehemaligen Küche Bands für ihre Auftritte oder spielten in verschiedenen Gruppierungen einfach so zum Spaß zusammen. "Die Türe zum Gebäude war immer offen, und wenn wir Jugendlichen spät abends nicht wussten, wo wir hingehen können, dann blieb uns immer der alte Pertrichhof", erzählt eine geborene Petershausenerin, damals im Teenageralter und noch heute ehrenamtlich sehr aktiv. Es gab Partys in der Gaststube oder auch im Saal, auch für die ganz jungen Gäste aus der Partnergemeinde Varennes en Argonne. "Der Treffpunkt und Veranstaltungsort in der Ortsmitte kam jedem gelegen. Und auch wenn die Polizei mal zu Ruhe mahnen musste, lief eigentlich alles zum Vergnügen vieler ab, da Eigenverantwortung geübt und hochgehalten wurde".

Mit Umzug der Schule 1982 in den ersten Neubau mit Turnhalle wurde das alte Schulhaus von 1913 (mittlerweile unter Denkmalschutz stehend) umgebaut und renoviert, die Gemeindeverwaltung mit Rathaus zog dort Mitte der 80er Jahre ein, zunächst nur in die ehemalige Lehrerwohnung im 1. Stock, im EG war anfangs noch ein Klassenzimmer. Der Anbau von 1954 wurde zum Bürgerhaus mit Räumen für Volkshochschule, Musikschule und Chöre, die ab 1983 dort wirkten. Bereits im Oktober 1982 hatte auch die Krabbelgruppe dort einen Raum zur Verfügung.

Weiler und Gehöfte

Auf unserem Gemeindegebiet finden sich weit verteilt und an meist (früher) strategisch wichtigen Stellen verschiedene Einödhöfe und Kleinstansiedlungen, die so einiges über die Ursprünge sowie die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung der Gegend erzählen können. Entnommen wurden die Informationen den vier Bänden der Chronik und Häuserchronik Petershausen, 2000, Elisabeth Mecking und Lydia Thiel. (Im Bürgerbüro können Sie diese einzeln zu je 12 Euro oder im ganzen Pack zu 40 Euro erwerben.) Darin gibt es auch sehr interessante und schöne Abbildungen. Im Ortsplan können Sie außerdem vieles in Kurzform nachlesen, wenn Sie bei Suche den Namen der Straße oder des Gebäudes eingeben.

Umgebung
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Göppertshausen wurde erstmals 1305 als Goetfritzhausen, also bei den Häusern des Gotfried, erwähnt. Ansonsten gibt es nur spärliche Quellen. Möglicherweise war der Besitzer um 1500 der Nachfahre eines adeligen Grundherrn (Häuserchronik, Bd. 1, S. 119).

Freymann, 1886 als Freimann geschrieben, liegt an der Straße zwischen Obermarbach und Oberhausen, wurde 1260 erstmals bezeugt. Vermutlich hatte der Landesherr den Grund Freigelassenen übergeben mit der Auflage, die Straßensicherung zu gewährleisten (Häuserchronik, Bd. 1, ab S. 83)

Der Speckhof mit der benachbarten Frechmühle, Ortsteil Oberhausen im Ilmtal, wurde um 1220 als Spech, um 1500 Speckhof bezeichnet, ein "Hof am Damm oder Weg, der mit Holzknüppeln oder Reisigbündeln befestigt ist". Die seit 1411 wegen des Speckhofer Müllers Ulreich Frech so genannte Frechmühle wurde zuvor nur die Mühle am Fluss Ilm genannt. Möglicherweise hatte im Mittelalter der Speckhof die Funktion einer Festung.

Lindach, also die Siedlung am Lindengehölz, liegt oberhalb und südlich von Sollern, westlich von Ziegelberg. Obwohl vermutlich sehr alt, wurde Lindach erst 1486 als Lynntach in einer Urkunde erwähnt. Im Jahr 1848 wurde ein Bernhard Reischl durch Einheirat der Besitzer (Häuserchronik, Bd. 1, ab S. 271).

Das abgelegene Piflitz, südlich von Kollbach, wurde 1138/1147 als Piueliz, "rings umflossen", erstmals bezeugt und könnte eine Wasserburg gewesen sein. Jedenfalls kann man um 1597 von "Pifliz, ein Herrensitz und Burckstall ..." lesen (Häuserchronik, Bd. 2, S. 187).

Höckhof
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Der Höckhof wurde 1478 als "Hagen" (Gehege-Hecke) bezeichnet, was so viel bedeutet wie von auffallender, schützender Hecke umgeben. 1573 wurde er erstmals als Bauernhof erwähnt. Ein Michael Daurer wurde 1795 durch Einheirat Besitzer des Hofes, durch den übrigens bis 1980 die Straße zwischen Kollbach und Petershausen verlief. Schon in einem früheren Artikel wurde geschrieben, dass hier zu Zeiten des Eisenbahnbaus eine Ziegelbrennerei mit Trockenstadel errichtet wurde, auf der ab 1865 gewirtschaftet wurde und die wahrscheinlich bis 1907 bestand. Die Arbeiter kamen in kleinen Wohnhäusern gegenüber am Wendelstein unter, der allerersten Bebauung des heutigen Wohngebiets (Häuserchronik Bd. 1, S. 129; Bild von 1999).

Berghanerl nimmt in gewisser Weise eine Sonderstellung der Gehöfte um Petershausen ein, denn es war anfangs nur eine zum Hof mit Hausnamen "Hanerl" gehörige Holzhütte auf dem Berg südöstlich von Glonnbercha. Der 26-jährige Josef Wagenpfeil hatte Hanerl (Glonnbercha Haus Nr. 6, heute Waldstr. 2) mit seiner Heirat 1864 überschrieben bekommen, verkaufte den Besitz aber nach nur drei Jahren an seinen Schwager, behielt jedoch Berghanerl, wo er mit seiner Familie lebte. Nach wieder nur dreizehn Jahren und mit inzwischen zehn Kindern verkaufte er auch hier Wohnhaus und Stall und zog mit der Familie nach Petershausen, wo seine Frau 1880 verstarb, mit nur 51 Jahren (S. 106, Häuserchronik Bd. 1, Glonnbercha). Die Nachkommen des damaligen Käufers sind heute noch Eigentümer und Bewohner von Berghanerl, das übrigens erst 1964 an das öffentliche Stromnetz angeschlossen wurde.

Der Fraunhofer-Ring

Neben Straßennamen wie Garten-, Flur-, Süden/Osten/Westen-, Wald-, Kirch-, Bahnhof-, Frühlingstraße oder nach verschiedenen Komponisten, Blumen oder Bäumen gibt es in Petershausen ein paar Straßen, die nach Persönlichkeiten benannt wurden, die keinen direkten Bezug zum Ort haben.

Als im Jahr 2015 das Gewerbegebiet auf den Eheäckern am nördlichen Ortsrand von Petershausen in der Endplanung lag, musste der Gemeinderat über den dortigen Straßennamen entscheiden. Naheliegend war "Eheäcker". Aber wie sollte sich ein Auswärtiger in der Aussprache dieses Wortes zurechtfinden? Schon die bayerische Sprache tut sich schwer damit. Also suchte man einen neutralen Namen, vielleicht in der Hoffnung, dass sich im neuen Gewerbegebiet Technik oder gar Forschung ansiedeln möge: Fraunhofer, der 1787 in Straubing geboren und in München ab 1798 ausgebildet wurde, starb bereits im Alter von 39 Jahren an Lungentuberkulose. Zwei Jahre vorher, 1824, war er zum Ritter geschlagen worden.

J. Fraunhofer
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Diese Entwicklung war ihm nicht in die Wiege gelegt worden: Joseph Fraunhofer wurde zunächst zum Glasmechaniker ausgebildet und 1806 von den Firmengründern - dem Erfinder Georg Reichenbach und dem Uhrmacher und Ingenieur Joseph Liebherr - in deren mathematisch-feinmechanisches Institut geholt, wo er systematische Forschung lernen konnte und es innerhalb weniger Jahre zu Spitzenergebnissen auf den Gebieten der Spektralanalyse und Astrophysik mit wegweisenden Forschungsarbeiten brachte: Die Verbindung von Wissenschaft und technischer Ausführung inkl. Montageaufstellungen auf dem Gebiet der Optik, Lichtbrechung und Glasschliff sind bis heute unübertroffen, so z.B. der von ihm entwickelte und gefertigte farbreine Objektivtyp, das später so genannte "Fraunhofer-Teleskop" oder das 1824 vollendete, damals größte Fernrohr für die Sternwarte Dorpat. Sein von ihm entwickelter Montierungstyp wird noch heute als "deutsche Montierung" für den größten Teil kleiner und mittlerer Fernrohre und Teleskope in der Amateur-Astronomie verwendet.

Der Name "Fraunhofer-Ring" half nicht: Heute ist der Betrieb mit der größten Fläche die Futtermittelproduktion eines internationalen Großkonzerns mit erheblichem Trinkwasserverbrauch und überdurchschnittlicher Belastung der Kläranlage. Wer weiß, ob der sich auch in einer Straße namens "Eheäcker" angesiedelt hätte.

Die Jahnstraße

Ende der 70er-Jahre benötigte man für das Neubaugebiet auf den Mooswiesen eine gepflasterte Zufahrt, die man nach einer gewissen deutschen Tradition Jahnstraße nannte. Der als Turnvater Jahn bekanntgewordene Pädagoge, Publizist und Politiker gilt als Initiator der deutschen Turnbewegung und sollte wohl als Vorbild für die Jugend herhalten.

Jahnstraße
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In Wikipedia wird sein Wirken allerdings etwas kritischer gesehen. In Zeiten napoleonischer Besetzung entwickelte Friedrich Ludwig Jahn (1778 - 1852) seine ausgeprägt nationalistische Überzeugung: "Jahn gründete mit elf Freunden am 13. November 1810 in der Hasenheide bei Berlin den geheimen Deutschen Bund zur Befreiung und Einigung Deutschlands. Er stand ausschließlich Männern 'deutscher Abstammung' offen. Juden waren, selbst wenn sie zum Christentum konvertiert waren, von der Mitgliedschaft ausgeschlossen … Am 19. Juni 1811 begann er … mit dem öffentlichen Turnen. Dies gilt als Geburtsstunde der Turnbewegung. Zweck der Turnbewegung war nur scheinbar der Sport. Wichtiger war zum einen die nationalistische Willensbildung, zum anderen die paramilitärische Ausbildung der Turner, um die 'Feinde der Freiheit' zu besiegen", heißt es bei Wikipedia.

Der Ludwig-Thoma-Weg

Während beispielsweise in Dachau eine Mittelschule, eine große Straße und sogar die Festwiese nach Ludwig Thoma benannt wurden, darf der Schriftsteller in Petershausen nur für einen kurzen Seitenweg der Bahnhofstraße Namenspatron sein. Der Jurist, Satiriker und populäre Autor war im Laufe seines Lebens mehr und mehr Aktivist für die rechte Szene geworden und hatte sich als Antisemit gezeigt - und damit als ein Wegbereiter Hitlers, wie "Der Spiegel" 1989 aufgrund der im Miesbacher Anzeiger in den Jahren 1920 bis 1921 veröffentlichten Artikel von Thoma formulierte. Namensgeber für Straßen oder anderen öffentlichen Raum bedeuten immer eine Ehrung derselben, was (auch) bei dieser Person hinterfragt werden sollte. Dies fordert nun sogar die »Ludwig-Thoma-Gemeinde. Die Verleihung ihrer "Ludwig-Thoma-Medaille" hat die Stadt München inzwischen eingestellt. Aber noch steht die Büste von Ludwig Thoma in der Ruhmeshalle oberhalb der Theresienwiese.

Ludwig Thoma
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Ludwig Thoma wurde 1867 in Oberammergau geboren und starb 1921 in Tegernsee. Er war kein guter Schüler und musste oft die Schule wechseln. Auch als Student zeigte er sein "unrühmliches Verhalten" (Wikipedia), hatte häufig Probleme mit Vorschriften von Hochschulen und Verbindungen, weshalb er sein erstgewähltes Studium abbrechen musste. Im Wintersemester 1987 schrieb er sich an der Ludwig-Maximilians-Universität in Rechtswissenschaften ein, musste aber an die Universität Erlangen wechseln, wo er 1890 das "Zeugnis zum Eintritt in den juristischen Vorbereitungsdienst" mit der schlechtest möglichen Note erhielt. Ab 1895 betätigte sich Thoma auch als Schriftsteller und veröffentlichte Gedichte und Kurzgeschichten in verschiedenen literarischen Zeitschriften.

In Wikipedia heißt es über ihn: "Ludwig Thoma bemühte sich in seinen Werken darum, die herrschende Scheinmoral bloßzustellen. Ebenso prangerte er kompromisslos Schwäche und Dummheit des spießbürgerlichen Milieus … an. Er stieß sich auch am Provinzialismus und der klerikalen Politik seiner Zeit im Königreich Bayern, was sich beispielhaft in Jozef Filsers Briefwexel niederschlägt. Als brillant werden die mit Humor und Satire gewürzten Erzählungen oder Einakter aus dem bäuerlichen und kleinstädtischen Lebenskreis in Oberbayern angesehen."

Seine Tätigkeit als Rechtsanwalt übte er von 1894 bis 1897 in Dachau aus, wo er gut und häufig Einsicht in bäuerliche Streitigkeiten erhielt, was z.B, in seinen Lausbubengeschichten von 1905 - die kleinbürgerliche Gesellschaft bloßstellend - geschildert wird.

Weiter heißt es in Wikipedia: "1903 lernte Thoma den Grafiker Ignatius Taschner kennen, mit dem ihn bald eine enge Freundschaft verband. Spätestens mit dem Erfolg der Lokalbahn wurde Thoma für den Verlag zu einer wichtigen Einnahmequelle. Thoma war seine Geldsorgen los und gönnte sich einen großbürgerlichen Lebensstil: Gemeinsam mit (dem Verleger) Albert Langen pachtete er ein Jagdgebiet in Unterweikertshofen bei Dachau, wo er schon seit 1895 immer wieder zu Besuch weilte."

In der SZ vom 06.07.21 schreibt Thomas Altvater: "Am Ende seines Lebens wandelte sich Ludwig Thoma radikal: Im Miesbacher Anzeiger hetzte er in rund 180 Artikeln gegen Juden und rief zur Gewalt auf. Thoma, der begnadete Schriftsteller und Satiriker des Magazins Simplicissimus, zeigte jetzt offen seine antisemitische Haltung. Die Auflage der Zeitung stieg damals von 8000 auf 14 000 Exemplare an."

Ludwig Thomas Lebendigkeit in der Sprache mit der prägnanten Wiedergabe bayerischer Mundart (Wikipedia), seine Derbheit, das alles kam gut an. Mit derselben Derbheit verurteilte er bereits Anfang des 20. Jahrhunderts die beginnende Frauenemanzipation und die wenigen Schriftstellerinnen dieser Zeit so erfolgreich, dass es für diese kaum möglich war, einen Verlag zur Veröffentlichung ihrer Schriften zu finden.

Wahrscheinlich verachtete Ludwig Thoma nicht nur sich selbst, sondern alle Menschen, die ihm irgendwie nahezukommen drohten. Nicht wegen dieses Wesenszuges, sondern weil er mit seiner Art die Öffentlichkeit ganz in seinem Sinne negativ zu beeinflussen wusste, seine Hetze gegen jegliches Anderssein, seine nationalkonservative Haltung, die antisemitischen Parolen und antisozialistische Polemik sollten uns heute davon abhalten, mit seinem Namen öffentliche Räume zu benennen - und wenn doch, dann nur mit einer ausführlichen Erläuterung. Letzteres gilt auch für noch manch anderen Namensgeber von Straßen, Plätzen und sogar Schulen in und um Dachau, München und vielen Orten in Oberbayern.


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