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In digitalen Echokammern
Die SPD-Ortsvereine Petershausen und Haimhausen hatten Ende April 2021 zu einer On­line-Diskussion eingeladen. Das Thema animierte mehr als 40 interessierte Bürgerinnen und Bürger zu einer lebhaften Debatte um die Themen "Sprechen wir noch dieselbe Sprache? Rechtsextreme und Verschwörungs­theoretiker in digitalen Echokammern".

Der Echokammer-Effekt beschreibt, wie es durch den verstärkten virtuellen Umgang mit Gleich­gesinnten in sozialen Netzwerken zu einer Verengung der Weltsicht kommt - Wikipedia

Ins Thema führten ein Dr. Michael Kausch aus Haimhausen, der sich beruflich mit dem Internet und digitaler Kultur beschäftigt, und Karl Küh­bandner aus Petershausen, ehemaliger Gym­nasiallehrer unter anderem für Geschichte und Sozialkunde. Ebenfalls mit dabei war der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Schrodi, der sich seit vielen Jahren aktiv gegen neonazis­tische Aktivitäten einsetzt.

In seiner Begrüßung erzählte Michael Schrodi von zahlreichen Angriffen durch Verschwörer und Querdenker auf Politiker und ihre Familien und machte so deutlich, wie hautnah die Gefährdung ihn und andere demokratische Politiker heute betrifft.

Dr. KauschDr. Michael Kausch wies auf die starken rechtsradikalen Ten­denzen unter den sogenann­ten Querdenkern hin: "Neo­nazis, Blut- und-Boden-Ökos, Abtreibungs­gegner, Parawissenschaftler, Kreationisten, Klimawandel-Leugner, Antisemiten, Esoteriker und Impfgegner treffen sich nicht zufällig unter Regen­bogen­fahne und Reichs­kriegs­flagge. Sie eint, dass sie sich von dunklen Mächten verfolgt fühlen, von dem Staat, der Wissenschaft, den Medien. Sie kämpfen gegen ein homogenes geschlossenes Weltbild, dem sie sich ausge­liefert fühlen. Dinge, die sie ablehnen, lehnen sie nicht ab, weil eine Mehrheit anders ent­schieden hat oder weil Prozesse nicht gut funktionieren, sondern weil eine dunkle Macht die Ursache ist. Deshalb lassen sie sich auch nicht mit Argumenten überzeugen."

K. KühbandnerKarl Kühbandner ging aus von einer Kritik der gegen­wärtigen politischen Kom­munikation, die teilweise geprägt ist von Hass, Wut auf "die Politik" und einem falschen Verständnis von Demokratie. Er wies darauf hin, dass Teilhabe an politischen Entscheidungen mehr bedeutet als Teilnahme an Demonstrationen. Gefragt sei der informierte, politisch denkende Bürger und daher müssten in Schulen und Erwachsenen­bildungs-Einrich­tungen das Verständnis demokratischer Pro­zesse vermittelt werden. "Nur durch politische Bildung werden Populisten, Verschwörer und Vereinfacher an Einfluss verlieren." Er verwies auch nach­drücklich auf die wachsende soziale Ungleichheit, die ebenfalls eine der Ursachen der Demokratie­verdrossen­heit sei.

In der Diskussion berichteten viele Bürgerinnen und Bürger von ihren eigenen Erfahrungen mit Freunden, die sie an Verschwörungsanhänger verloren haben. So stellte Edi Meßthaler, "Urgestein" der Petershausener SPD, fest, seit 2015 würden viele es wieder wagen, sich rechtsradikal und fremdenfeindlich zu äußern. Und er fragte sich: "Wie kommen wir wieder dahin, dass in den Köpfen der Leute Humanität einkehrt?" Robert Kühbandner meinte dazu, man müsse die schweigende Mehrheit der Gutgesinnten zum Sprechen bringen.

Brigitte Burger, 2. Vorsitzende der SPD Peters­hausen und Mitorganisatorin der Veran­staltung, zeigte sich besonders enttäuscht von den Videos, die einige Künstler unter dem Motto "Alles dicht machen" ins Netz gestellt hatten. Hier würde satirisch verbrämt und vermutlich von einigen Beteiligten ungewollt "Verschwö­rungs-Geraune" unterstützt und damit in die Mitte der Gesellschaft gerückt.

Elisabeth Mecking sah in den einseitigen, an ausgewählten Meinungs­führern orientierten Äußerungen der so genannten "Querdenker" eine besondere Gefahr für die Demokratie. Wolfgang Stadler, 2. Bürger­meister der Gemeinde Peters­hausen, zweifelte daran, dass man Ver­schwörungs­theorien auf mangelnde Bildung ihrer Vertreter zurückführen könne. Er wies darauf hin, dass sich in der Querdenker-Szene wie auch an der Spitze der AfD eine Reihe von Intellektuellen tummeln. Besonders eindrücklich berichtete Anderl Laubert aus der rechten Querdenker-Szene. Er hat mit Freunden in Dachau die Facebook-Gruppe "Auf­klärung Dachau" gegründet, die sich seit mehreren Monaten intensiv der Beobachtung dieser rechten Szene widmet.

Von Dr. Michael Kausch und Karl Kühbandner, 01.05.21


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