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Dialog mit dem Islam
Mit Pauschalurteilen über Islam, Christen- und Judentum, wie sie beispielsweise von der AfD ohne jegliches Wissensfundament behauptet werden, konnte bei der Veranstaltung der evangelischen Kirche in Petershausen am Freitagabend vor Pfingsten gründlich aufgeräumt werden. Der Referent Dr. Rainer Oechslen zeigte Parallelen und Unterschiede dieser drei Religionen mit Abraham als Stammvater. Altes Testament, Koran und Talmud beziehen sich aufeinander. Als "Offenbarungs-Religionen" stehen sie bei der Reflexion ihres Gottesglaubens vor den gleichen Fragen, beantworten diese aber unterschiedlich.

Der Islam kennt keine innere Struktur wie im Christentum: Beispielsweise ist bei den Katholiken die Hierarchie Papst - Kardinäle - Bischöfe - Priester akzeptiert. Jeder Muslim kann so wie jeder andere seinen Koran leben und auslegen. Befolgt er die konkreten Vorschriften im Koran, ist er ein guter Mensch. Das werden auch der "Imam" (bei den Schiiten) oder "Kalif" (bei den Sunniten) tun.

Viele von Muslimen gezeigte Verhaltensweisen, wie z.B. das verhüllte Gesicht oder auch nur das Kopftuch, sind nicht im Koran beschrieben. Dies sind Traditionen, die sich in verschiedenen Regionen und Gruppierungen verbreitet haben. Bei den Ernährungsvorschriften, wie sie im Koran konkret beschrieben werden, ist die Nähe zum Judentum viel stärker zu sehen als zum Christentum. Muslime betrachten ihre Religion als die "natürliche", die als jüngste auch die modernste ist und mit ihrem rationalen Konzept verständlich und am leichtesten auszuüben. Alle anderen - früheren - sind im Islam aufgehoben und als Vorgängerreligion auch "erlaubt", wenn auch "überholt", so die Sicht der Muslime.

C. JürgensonnZur Auseinandersetzung zwischen Islam und Christentum sagt Johannes von Damaskus: "Muslime lassen Christus nicht Gott sein!" Dieses Urteil und andere aus persönlicher Erfahrung gemachte Aussagen des (orthodoxen) Theologen und Kirchenvaters aus dem 8. Jahrhundert wurden später von Thomas von Aquin und Martin Luther nicht hinterfragt und einfach abgeschrieben.

Allen drei Religionen ist der Monotheismus mit Ablehnung von Götzendienst wesentliche Grundlage. Mit der "Dreieinigkeit Gottes", wie sie von Christen geglaubt wird, können weder Juden noch Muslime etwas anfangen. Jesus ist für Muslime (wie für Juden) ein Prophet Gottes, wie beispielsweise Mohammed. Und die "Fleischwerdung des Wortes" gibt es auch nur für die Christen. Der gläubige Christ bleibt auf die Gnade Gottes angewiesen, weil er nicht genug Kraft hat, seine Bestimmung zu leben. Der Christ kann zu sich kommen, und zwar durch den anderen, also in der Liebe. Islam heißt: Hingabe zu Gott. Der Gottesfürchtige wird sich gut und anständig verhalten, wenn er das tut, was im Koran steht - ggf. nach Erinnerung durch einen anderen. Jegliche Gewaltausübung gegenüber Frauen oder Kindern ist durch nichts legitimiert, genauso gilt die Tötung Unschuldiger, also auch der Selbstmord, in allen drei Religionen als Todsünde.

So in etwa habe ich die Ausführungen von Dr. Rainer Oechslen verstanden. Bei diesem interessanten Vortrag, der nachfolgenden Diskussion und in den Tagen danach ging mir durch den Kopf: Um ein glückliches Leben führen zu können - also nicht auf Kosten anderer, sondern aus eigener Kraft - ist es möglich, einer dieser Religionen anzugehören, ohne sich gegenseitig zu verurteilen oder gar weh zu tun. Wo und wann man wie betet, braucht die anderen nicht zu stören. Jeder ist zur Rücksicht fähig, ohne die eigene Identität aufzugeben. Keine Religion sollte sich als Beitrag zu einer von irgendwelchen Politikern propagierten "Leitkultur" sehen, sondern versuchen, ihre Mitglieder darin zu stärken, mit den wirklichen Problemen unserer globalisierten Welt fertig zu werden: der Bekämpfung großen menschlichen Elends und Armut durch eine kaputte Umwelt und Klimazerstörung, und vor allem durch Armut im Geiste von so vielen, die sich als Sprachrohr für andere definieren.

Von Christa Jürgensonn, 17.05.16

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