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Erste Klasse im Regionalzug
Am 26. September 2015 musste ein Regionalzug auf der Fahrt von München nach Ingolstadt eine Stunde unplanmäßig in Petershausen halten: Mehrere Wiesn-Heimkehrer standen in der ersten Klasse, nachdem sie in der überfüllten zweiten keinen Platz mehr gefunden hatten. Der Streit mit dem Zugführer eskalierte, er rief die Bundespolizei herbei, drei Fahrgäste mussten schließlich in Petershausen den Zug verlassen.

In den S-Bahnen des MVV-Gebiets wurde die erste Klasse schon 1972 durch Wegfall des Zuschlags praktisch außer Kraft gesetzt und 1983 offiziell abgeschafft: Insbesondere in vollen Zügen ist die "Klassentrennung" kaum durchsetzbar. In anderen Zugtypen gibt es sie aber nach wie vor.

REIst die erste Klasse überhaupt rentabel? Ja, sagt die Deutsche Bahn, sie trägt sich selbst, insbesondere auf Intercity- bzw. ICE-Strecken, teils auch in Regionalzügen, zumindest bei weiter entfernten Fahrzielen. Gerade die Tatsache, dass sie selten voll ist, rechtfertige den höheren Fahrpreis.

Bei überfüllter zweiter Klasse darf man mit einem Fahrschein zweiter Klasse keineswegs einfach in die erste Klasse wechseln. In der Eisenbahn-Verkehrsordnung (EVO) § 13 Abs. 1 steht nämlich: "Ein Anspruch auf einen Sitzplatz oder auf Unterbringung in der 1. Klasse bei Platzmangel in der 2. Klasse besteht nicht." Ausnahmen davon gibt es nur, wenn das Zugpersonal das ausdrücklich per Durchsage oder auf ähnliche Weise ankündigt. Es ist also der Einschätzung und dem Wohlwollen des Zugbegleiters überlassen, ob er die erste Klasse für Fahrgäste der zweiten Klasse freigibt.

Das gilt übrigens auch für Stehplätze und für die Ausstiegs-Türen: Einige Fahrgäste mit 2.-Klasse-Tickets haben sich angewöhnt, möglichst an einer Tür auszusteigen, die beim Halt in der Nähe der Zugangstreppe des Bahnsteigs liegt - und das ist oftmals (absichtlich) der Zugteil mit der ersten Klasse. Eine solche "Abkürzung" ist streng genommen nicht erlaubt.

Vereinzelt gab es immer wieder Versuche, das Zweiklassen-System zu ändern. So forderten etwa die Jungsozialisten Rhein-Sieg im Jahr 2012 die Abschaffung der ersten Klasse in Regionalzügen. In Nordrhein-Westfalen forderte 2013 die Grüne Jugend NRW die Abschaffung in allen Zügen; dort beginnt nun immerhin im Dezember 2015 ein zunächst auf die Linie S12 Düren-Köln begrenzter Versuch, die erste Klasse für alle freizugeben. Regionalzüge bleiben dabei aber ausgespart.

Wir dürfen uns also weiterhin über volle Wagen der zweiten Klasse ärgern - und darüber, trotz Gedränge nur in wenigen Ausnahmefällen in die Abteile der ersten Klasse ausweichen zu dürfen.

Von Herwig Feichtinger, 27.09.15


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